Eine Tat wie diese

23:58:00

Eine Tat wie diese

Amy Efaw

Verlag: Carlsen
Taschenbuch
Seiten: ca 413

Preis: 12.90 Euro
ISBN: 978-3-551-31081-1

 









„Ich habe nichts davon gewusst, das schwöre ich. Ich wusste wirklich nicht, dass ich schwanger bin.“ „Wann, Devon? Wann wusstest du nicht, dass du schwanger bist?“ „Zu keiner Zeit! Nie!“

Welcher Mensch wäre imstande, sein eigenes Baby in einem Müllcontainer zu entsorgen? Mit Sicherheit nicht jemand wie die fünfzehnjährige Devon Davenport, die ein verantwortungsbewusstes Mädchen und eine Musterschülerin ist. Aber das Verdrängen der Schwangerschaft und ihre Panik lassen sie genau dieses Unvorstellbare tun. Nun sitzt Devon in Untersuchungshaft, des Mordversuchs an ihrem eigenen Kind angeklagt. Und mit der Aussicht auf eine lebenslange Haftstrafe. Eine nervenaufreibende Suche nach der Wahrheit beginnt.


Das Cover zeigt ein Mädchen mit gesenktem Kopf von der Seite. Die Haare fallen ihr ins Gesicht und ihr eher flacher Bauch wirft einen überraschend großen Schatten, als wäre nur der Schatten schwanger, sie selbst jedoch nicht. Ich finde das Cover super. Da man Devons Gesicht nicht sieht bleibt der eigenen Fantasie genug Freiheit. Das Bild passt zum Buch und spiegelt Devons Scham und Unsicherheit während der U-Haft perfekt wieder. Das Englische Cover ist vom Prinzip her fast identisch. Die Anordnung und die Farbgebung gefällt mir aber sogar fast besser.
Mädchen, die mit unter 18 schwanger werden haben keine Perspektive für ihr Leben. Sie sind faul und unengagiert, lassen sich zu früh auf körperliche Beziehungen ein, schreiben nur schlechte Noten. So ist es doch oder? Oder? Warum sitzt dann ausgerechnet Devon in Untersuchungshaft? Devon, die Musterschülerin. Devon, die Fußballhoffnung. Devon, die doch immer so ehrgeizig war. Warum wirft man ihr vor, ein Kind bekommen und es dann auch noch in eine Mülltonne geworfen zu haben? Müsste sie sich dann denn nicht daran erinnern? Während sie in Untersuchungshaft zusammen mit ihrer Anwältin über die Ereignisse sprechen muss, kommen nach und nach all ihre Erinnerungen wieder. Sie und ihr Anwältin müssen die Staatsanwaltschaft davon überzeugen, das weiterhin das Jugendgericht für Devons Fall zuständig sein sollte, sonst könnte Devon eine Lebenslange Freiheitsstrafe drohen. Aber dafür muss sich Devon erst einmal ihren Erinnerungen stellen.
Amy Efaw hat selbst 5 Kinder und ist eine selbsternannte „Fußballer-Mama“. Die Idee für „Eine Tat wie diese“ kam ihr, als in einer kalten Nacht in Philadelphia ein lebendes Baby in einer Mülltonne gefunden wurde. Sie begann sich zu fragen, was in einer Mutter vorgehen muss um so zu handeln. Für ihre Recherchen verbrachte sie mehrere Wochen in einer Jugendstrafanstalt für Mädchen. Auch ihr Ehemann, der ebenfalls im Strafvollzug arbeitet, stand ihr mit wichtigen Informationen zur Seite. Zur Zeit lebt sie zusammen mit ihrer Familie in Denver.
„Eine Tat wie diese“ hat mich von Anfang bis Ende gefesselt. Das ganze Szenario ist so unfassbar aufwühlend und aktuell, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Devon schafft es von Anfang an  einen für sich einzunehmen. Sie ist eigentlich ein ganz normales Mädchen, dass sich mit aller Macht dagegen sträubt wie ihre Mutter zu werden. Sie wirkt nie auch nur ein bisschen wie eine Verbrecherin und es war für mich immer sehr verstörend zu sehen, als welches Monster die Staatsanwaltschaft versucht hat sie dar zu stellen. Was mich an ihr jedoch gestört hat, war das sie zwar immer als so besonders vernünftig und erwachsen beschrieben worden ist, aber in der U-haft oft einfach nur kindisch und unreif reagiert hat. Andererseits ist sie natürlich auch erst 15 und hat viel durchgemacht, also lässt sich ihr Verhalten auch irgendwie erklären.

Ich finde, dass das Buch einen sehr guten Einblick in das amerikanische Jugendstrafgesetz gibt. Man lernt die verschiedensten Mädchen kennen, die alle aus anderen Gründen in der U-haft sitzen. Manche auch nicht zum ersten mal. Der amerikanische Titel lautet „After“ und ich finde das beschreibt es ziemlich genau. Es geht darum was genau nach einer so schlimmen Tat mit einem jungen Menschen passiert, was in den Personen vergeht und das Umfeld darauf reagiert. Trotz wachsender zahl Babyklappen kommt es immer noch viel zu oft vor, das Säuglinge direkt nach der Geburt getötet oder ausgesetzt werden. Die Autorin schreibt in einem Nachwort noch einmal speziell über dieses Thema und erwähnt, dass die Gefahr in den ersten 24 Stunden nach der Geburt ermordet zu werden, zehn mal höher ist als an jedem anderen Tag danach. Ich habe mich selbst schon sehr oft gefragt, was in einer Frau vorgehen muss um so etwas zu tun. Genauso wie ich mich schon oft gefragt habe, wie es sein kann, dass jemand neun Monate Schwangerschaft einfach nicht bemerkt oder verdrängt.
Die Autorin nimmt Devon etwas aus der bloßen Täterrolle heraus, ohne die Tat zu beschönigen oder zu entschuldigen. Sie versucht bis zu einem gewissen Grad Verständnis zu vermitteln, ohne dabei zu weit zu gehen. Amy Efaw hat wirklich sehr genau recherchiert und ihr Schreibstil ist sehr angenehm und leicht zu lesen. Mich hat das Buch tief beeindruckt und Spuren hinterlassen. Deswegen vergebe ich auch 5 von 5 Punkten.





In dem Trailer kommen übrigens einige bekannte Blogger vor. Einen Blick wäre es also wert.

Liebe Grüße,




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