[Kurzgeschichte] Gefangen- eine Rapunzeladaption
12:11:00Um wenigstens ein paar Posts zusammen zu bringen, habe ich beschlossen auch Kurzgeschichten von mir zu veröffentlichen. Mit dieser hier habe ich einmal den dritten Preis eines Schreibwettbewerbs gewonnen. Das Thema war "moderne Märchenadaptionen" (in etwa). Ich habe damals Rapunzel gewählt. Viel Spaß.
Als
ich noch ein Baby war, zogen meine Eltern in ein riesiges Haus direkt
am See. Der Garten hatte es ihnen besonders angetan. Er war unfassbar
groß. So groß, dass sie einen Gärtner einstellen mussten, um nicht
vollkommen vom Unkraut überrannt zu werden. Michael. Meine Mutter
liebte den Garten. Sie liebte die Blumen, die Schmetterlingen, das
Gefühl von Sonnenstrahlen auf der Haut. Sie liebte das leise
Plätschern des Brunnens, wenn die zwei Engel unaufhaltsam Wasser
über ihre Handflächen fliesen ließen und sie liebte es unter der
großen Eiche zu picknicken, während ich in ihrem Schatten schlief
und träumte. Ja, meine Mutter liebte den Garten, aber den Gärtner
leider auch. So ein Haus war teuer und auch wenn so gut wie alles auf
unserem Grundstück wuchs, war Geld leider nicht dabei. Mein Vater
arbeitete. Immer. Selbst wenn er Zuhause war und das kam so gut wie
nie vor. Er liebte meine Mutter und wollte ihr alles bieten und
geben, das er hatte.
Nur
Aufmerksamkeit und Zärtlichkeiten vergaß er dabei. Meine Mutter
wollte darauf aber nicht verzichten und der Gärtner war bereit es
ihr zu geben. Ohne zu Zögern. Mein Vater erwischte sie mitten auf
der Wiese, direkt unter dem großen Baum. Ich nur ein paar Meter
entfernt in meiner Babytragetasche. Es war ihr Hochzeitstag. Die
Rosen die er in der Hand gehalten hatte fielen gebrochen zu Boden.
Gegen die Narzissen und die anderen Blumen, die Michael für meine
Mutter gepflanzt hatte, kam sie nicht an. Er stürmte ins Haus und zu
seinem Wagen. Zu tiefst verletzt und mit gebrochenem Herzen. Wütend
sollte man nicht Autofahren, hatte der Pathologe später gesagt. Ich
glaube er wusste genau was er tat. Vielleicht war er mit Absicht
gegen diesen Baum gefahren.
Die
Jahre verstrichen und die Rosen meines Vaters waren bald nicht mehr
als Erde. Wurden von Michaels Blumen erstickt. Genau wie seine Liebe
zu meiner Mutter. Der Gärtner zog bei uns ein. Für mich war er mein
Vater. Den anderen hatte ich nie kennen gelernt. Nicht einmal Fotos
von ihm gab es noch. Verurteilt mich nicht, aber ich war eigentlich
glücklich. Ich mochte mein Leben so wie es war. Kann man jemanden
vermissen, den man nicht kennt? Ich nicht.
Liebe
kann schnell in Hass umschlagen. Hass in Schmerz. In Angst. Ich war
fünf als es das erste mal passierte. Als er das erste mal nach der
Gutenachtgeschichte auf meinem Bett sitzen blieb. Ich saß auf der
Bettkante und bürstete die Haare meiner Puppe. Das machte ich oft.
So oft, dass sie kaum noch Haare besaß. Michael war aufgestanden und
zu Tür gegangen. So wie die Nächte davor auch, nur das er dieses
mal im Türrahmen stehen blieb. Er beobachtete mich lange. Ich spürte
seine Blicke und sah auf. Er lächelte. Ich lächelte zurück. Er
schloss die Tür wieder und drehte den Schlüssel um. Ganz langsam.
Ich erschrak trotzdem. Er ging auf mich zu und nahm mir sachte die
Bürste aus der Hand. Er setzte sich neben mich und begann durch
meine langen blonden Haare zu fahren. Immer und immer wieder. „Sie
schimmern wie Gold“, hatte er gesagt. Seine Finger streiften meine
Schulter und meinen Haut und er presste seine Lippen sachte auf meine
Wange, mein Ohr, meinen Hals. Die Haare auf meinen Armen stellten
sich auf. Er deutete es falsch. „Ist dir kalt, Liebling?“ Er
drückt mich in die Kissen und beugte sich über mich, bis er fast
auf mir saß. Ich sah ihn mit ängstlichen Augen an. Ich konnte
meinen Herzschlag beinahe höre, so panisch war ich. Seine Hände
begann meinen Körper zu erkunden und ich schnappte überfordert nach
Luft. Er hielt inne und näherte sich meinem Ohr. „Pscht, kleiner
Vogel“, hauchte er und presste seinen Finger auf meine Lippen. „Du
willst doch nicht, dass deiner Mami etwas passiert oder? Du bist
doch ein braves Mädchen.“ Er ging lange nicht. Die ganze Zeit
wimmerte ich leise vor mich hin und flehte ihn an aufzuhören,
während die Tränen unaufhaltsam über meine Wangen liefen. Er sah
und hörte nichts. Als er ging wollte sich mein Herzschlag lange
nicht beruhigen. Meine Haut brannte und war von blauen Flecken
übersät. In der nächsten Nacht kam er wieder und auch in der
danach. Tag für Tag. Woche für Woche. Jahr für Jahr und jedes mal
kämmte er mir davor die Haare. Er verbat mir irgendjemandem davon zu
erzählen und ich hatte zu viel zu verlieren um ihn zu verraten. Das
Leben und die Liebe meiner Mutter stand auf dem Spiel und für mich
war er immer noch mein Vater. Ich liebte ihn. Trotz allem liebte ich
ihn. Ich baute mir eine Festung. Einen Turm aus Lügen, damit keiner
erkannte wie kaputt ich eigentlich war. Ich musste jeden Tag direkt
nach der Schule nach Hause fahren. Lebenslang Hausarrest, wenn man so
will.
Einmal traf ich vor der Tür einen Jungen, der Prospekte
verteilte. Wir redeten. Vielleicht fünf Sätze, mehr nicht.
Plötzlich riss Michael die Haustür auf, packte mich am Handgelenk
und zerrte mich ins Haus. Die blauen Augen des Jungen sahen mir
besorgt hinterher. Dann fiel die Tür ins Schloss. Er schlug mir so
hart ins Gesicht, dass ich zu Boden ging und nannte mich eine „kleine
Schlampe“. Von da an, war es mir inoffiziell verboten mit Jungs zu
reden. Zu dem Zeitpunkt war ich elf. Noch in der Nacht des gleichen
Tages, ging er zum erstem mal einen Schritt weiter. Ich hatte nicht
gedacht, dass es noch etwas schlimmeres als missbraucht zu werden
geben konnte, aber Vergewaltigung toppte alles. Zumindest hatte ich
in der Zwischenzeit Worte dafür gefunden. Warum meine Mutter nichts
gemerkt hat? Weder das Veilchen oder die blauen Flecke, noch meine
stummen Hilfeschreie? Ich glaube das hat sie. Ich bin mir sogar
ziemlich sicher. Leider war sie meistens so betrunken, dass sie nicht
mehr in der Lage war zu handeln. Der Gärtner sorgte schon dafür,
dass in ihrer Nähe immer genug Alkohol stand. „Betrunken sollte
man nicht Autofahren“, hätte der Pathologe bestimmt gesagt.
Wahrscheinlich war es auch bei ihr Absicht. Das werde ich nie
erfahren. Nach ihrem Tod wurde alles nur noch schlimmer. Er meldete
mich von der Schule ab und gab an, mich von nun an Zuhause zu
unterrichten. Mit 13 war ich immer noch Schulpflichtig, aber ich
hatte nie, auch nur eine Stunde bei ihm. Von da an verließ ich das
Haus überhaupt nicht mehr. Er sperrte sämtliche Türen nach draußen
und sämtliche Fenster in der ersten Etage ab und brachte blickdichte
Vorhänge an. Er wollte sich nicht mehr länger nur auf mein Zimmer
beschränken. Ich spielte öfter mit dem Gedanken mich umzubringen,
aber ich war zu feige dafür. Im Geiste ging ich täglich zig
Szenarien durch. Wie gesagt: Im Geiste. Meine Haare waren inzwischen
so lang geworden, dass sie bis zu meinen Hüften reichten. Anders als
die der Puppe, waren sie durch das ständige Kämmen noch nicht
ausgefallen. Tagsüber war ich meistens allein. Michael hatte einen
neuen Job in irgendeinem Stadtpark angenommen. Er hatte keine Angst,
dass ich fliehen könnte. Selbst wenn ich es aus dem Haus geschafft
hätte, wohin hätte ich denn gehen sollen? Ich hatte doch nur noch
ihn. Ich musste irgendetwas tun, sonst wäre mir die Decke auf den
Kopf gefallen. Also putzte ich. Wie eine Irre.
Ich war gerade im
Hausflur, als es an der Tür klingelte. Erschrocken fuhr ich hoch und
stieß mir den Kopf an einem Schrank an. Leise fluchend richtete ich
mich auf und massierte meinen Hinterkopf. Niemand klingelte bei uns.
Niemals. Sämtliche Post wurde in unser Postfach geliefert und
Freunde hatte Michael keine. Oder zumindest keine, von denen ich
wusste. Ich stand vor der massiven Eichentür und starrte das Holz
an. Wieder ging die Klingel. Ich hatte es mir also nicht eingebildet.
„Ist irgendjemand Zuhause?“ Die Stimme war gedämpft, aber sie
kam mir trotzdem bekannt vor. „Hier ist Sam. Der Zeitungsjunge. Wir
haben uns mal unterhalten. Vor ein paar Monaten schon.“ Mein Magen
verkrampfte sich und ich presste die Lippen aufeinander. Ich schwieg.
„Ich weiß, dass er dich geschlagen hat. Ich hab es gehört. Wenn
du da bist dann sag irgendetwas. Ich will nur wissen, dass es dir gut
geht!“ Ich begann zu zittern. Er klang so unglaublich verzweifelt.
Ich verdiente es nicht, dass man sich wegen mir Sorgen macht. Warum
interessierte es ihn überhaupt? Er kannte mich doch gar nicht. Meine
Knie gaben nach und ich rutschte die Wand entlang, meine Augen immer
noch auf die Tür geheftet. Ich stieß ausversehen mit dem Ellenbogen
gegen den Schirmständer und er fiel klirrend zu Boden. Ich schreckte
zusammen und vergrub mein Gesicht in meine Armen. Die Person vor der
Tür keuchte leise und legte eine Hand auf die Tür. Ich hörte wie
seine Finger über das Holz strichen. Dann hörte ich nur noch leise
Schritte, die sich langsam von mir entfernten. Er war fort.
Schluchzen schüttelte mich und ich umklammerte meinen Oberkörper.
Ich wünschte er wäre geblieben.
Ich
hatte nicht erwartet jemals wieder etwas von ihm zu hören. Wer hätte
das schon? Ich hatte schon vor Jahren aufgehört an Wunder zu
glauben. Ich vertraute den Menschen nicht mehr und Sam war mir nichts
schuldig. Ihm war das egal. Am nächsten Tag klingelte er wieder,
genauso wie am nächsten. Ich redete die ganze Zeit nicht ein Wort
mit ihm, aber seine Stimme zuhören half mir mehr als er wissen
konnte. Da war jemand, dem ich nicht egal war. Jemand der wissen
wollte wie es mir ging, ohne irgendwelche Hintergedanken. Das war ein
unglaublich schönes Gefühl. Nach zwei Wochen hörten die Besuche
plötzlich auf. Ich saß den ganzen Tag vor der Tür und wartete,
aber er kam nicht. Ich weinte fast die ganze Nacht lang. Zumindest
nachdem der Gärtner gegangen war. Ich hätte mit ihm reden müssen.
Das hätte ich wirklich. Die nächsten Tage war Wochenende. Michael
blieb also zu Hause. Sam kam nie wenn er da war, aber ich rechnete
auch so nicht damit. Montag. Er hatte genug von mir. Dienstag. Er
würde nicht wieder kommen. Mittwoch. Ich verdiente es nicht anders.
Am Donnerstag trommelte dann plötzlich jemand gegen die Tür.
Energisch und Eindringlich. Mein Herz machte einen Satz, ob vor
Freude oder Panik, kann ich nicht sagen. Er war gekommen. „Okay!“
Der Junge klang wütend und resigniert. „Entweder, du redest mit
mir und zwar jetzt...!“ Er trat gegen das Holz und stöhnte wütend.
„...Oder ich rufe die Polizei!“ Ich schnappte nach Luft und
taumelte rückwärts. Keine Polizei. Was würde dann mit mir
geschehen? Alle würden es erfahren. Ich hatte nur noch ihn. „Ich
weiß nicht was da drinnen vor sich geht. Ich weiß auch nicht, warum
du nie das Haus verletzt oder warum du nicht mit mir redest, aber ich
weiß, dass du da bist und dass du verdammt nochmal Hilfe brauchst.
Was macht dein Vater mit dir?“ Er schrie fast. „Er ist nicht mein
Vater.“ Es war nur ein Flüstern, nicht mehr als Wind, aber er
hörte mich trotzdem. Er verstummte und atmete schwer. „Wer ist er
dann?“ Ich ballte meine Hände zu Fäusten und wischte eine dumme
Träne von meiner Wange. „Mein Stiefvater.“ Er lehnte sich gegen
die Tür. „Wo sind deine Eltern?“ Ich zögerte. „Was denkst du
denn?“ Er räusperte sich. „Tut mir leid.“ Ich lachte matt.
„Muss es nicht.“ „Darf ich rein kommen?“ Die falsche Frage.
Ich schwieg den Rest des Tages. In den nächsten Wochen unterhielten
wir uns öfter und ich mochte ihn jeden Tag mehr. Sam Callahan war
ein wundervoller Mensch. Viel besser als ich jemals sein würde und
besser als alle Menschen die ich kannte. Okay, das waren nicht viele
und besser als meine Mutter oder Michael zu sein, war nicht gerade
schwer. Trotzdem: Meine gesamte Welt richtete sich langsam neu aus
und er wurde meine Sonne.
Zwei Monate, drei Wochen und 23 Tage nach
unserem ersten Gespräch, hatte ich genug von der blöden Tür. Ich
wollte ihn sehen, egal ob abgeschlossen oder nicht. Ich lief in den
zweiten Stock, in mein Zimmer, direkt auf die blauen Vorhänge zu und
riss sie mit einem Ruck zur Seit zur Seite. Staub wurde aufgeworfen
und wirbelte wie Nebel durch den Raum. Gleisendes Licht fiel herein
und ich blinzelte angestrengt. Mein Zimmer war direkt auf den Garten
gerichtet. Nur noch wenig erinnerte an die Fotos aus der Zeit vor der
Affäre meiner Mutter. Die alte Eiche stand in einem Meer aus Unkraut
und meterhohem Gras und viele Sträucher waren ausgetrocknet oder
tot. An der Wand vor meinem Fenster war ein Gitter montiert worden,
das bereits rostete und von Efeu und den Überresten eines
Rosenstrauchs überwuchert wurde. Ich rüttelte daran und betete,
dass es hielt. Ich sah ihn schon von weitem auf das Haus zu laufen
und deutete ihm scheu, durch den Garten zu kommen. Er blieb
überrascht stehen, verließ dann den Weg und kam auf den Zaun zu.
Ich beugte mich vor und meine langen Haare fielen wie ein Schleier
über die Brüstung. Ich lächelte nur und deutete ihm wortlos hoch
zu klettern. „Bist du sicher?“ Ich nickte steif. Ich wusste noch
nicht, ob ich mir sicher war, aber einen Rückzieher machen konnte
ich auch nicht. Unsicher begann er die Hauswand zu erklimmen. Das
Gitter knarrte bedrohlich und der Junge klammerte sich erschrocken
daran fest. Ich wahr mehr als erleichtert, als er endlich unbeschadet
auf dem Fußboden meines Zimmers landete. Er setzte sich neben mich
aufs Bett und sah mich abwartend an. Ich fand einfach keinen Anfang
und spielte nervös an meinen Armbändern herum. Sams Blick blieb
daran hängen und seine Hand umschloss sachte mein Handgelenk. Er zog
meinen Arm zu sich und streifte vorsichtig den Schmuck ab. Ich wollte
die Hand zurück ziehen, aber er hielt sie eisern fest. Sachte fuhr
er mit seinen Fingern über die parallelen Narben auf meinem Arm und
zog mich dann in seine Arme. „Erzählt mir was los ist, Leah.“
Bevor ich etwas dagegen tun konnte, füllten sich meine Augen mit
Tränen. Schluchzend vergrub ich mein Gesicht an seiner Schulter und
begann zu erzählen. Ich lies nichts aus. Sam schwieg und hielt mich
einfach nur fest. Als er gegangen war, fühlte ich mich wie in Watte
gepackt. Ich erinnerte mich nicht daran jemals so glücklich gewesen
zu sein.
Als Michael nach Hause kam wusste ich sofort das etwas nicht
stimmte. Er stand in der Tür in meinem Zimmer und starrte mich
vorwurfsvoll an. „Ich habe heute einen Anruf von Mrs. Swan
bekommen. Weißt du was sie gesagt hat? Gerade würde jemand
versuchen in unser Haus einzubrechen. Ein Junge, hier, in deinem
Zimmer“ Er deutete anklagend auf mein Fenster. Es stand immer noch
sperrangelweit offen. Er öffnete langsam seinen Gürtel und zog ihn
aus seiner Hose. Ich wich zurück und stolperte mein Bett. „Ich
kann das erklären.“ Er wollte keine Erklärungen. „Ich habe
alles für dich getan und du betrügst mich!“ Der Gürtel schnellte
wie eine Peitsche auf mich zu und schnitt tief in meine Haut ein. Ich
schrie und ging zu Boden. Er hörte nicht auf. Schlug weiter und
weiter, bis jeder Fleck meiner Haut brannte und wund war. Er lief zu
meinem Schreibtisch und griff nach einer langen Schere. Er stampfte
zurück riss mich an den Haaren und setzte sich auf meinen Rücken.
Ich schlug um mich und schrie, aber sein Griff wurde nur noch
eiserner. Unbarmherzig schnitt er durch meine Haare. Strähne für
Strähne. Kreuz und quer. Die Blätter der Schere streiften mehr als
einmal meine Haut und hinterließen blutige Striemen. Ich hatte keine
Kraft mehr zu weinen. Er zeigte mir wieder einmal wer der Boss war.
Meine Sinne schwanden und Dunkelheit verschluckte mich. Als ich wider
zu mir kam lag ich gefesselt auf dem Bett. Jemand stand über mir und
berührte zaghaft meine Schulter. Ich wimmerte leise und schloss die
Augen. Der Mond schien durch die Fenster und fiel in sein Gesicht. In
Sams Gesicht. Er war blass und seine Hände und seine Kleidung waren
voller Blut. „Es ist vorbei“, flüsterte er. „Es ist endlich
vorbei.“
Als
die Polizei kam, fanden sie Michael unter meinem Fenster liegen, eine
Schere in seinem Hals. Sam erzählte er wollte mich wie jeden Tag
besuchen. Das Fenster wäre offen gestanden und er hätte gedacht
meine Haare zu sehen. In meinem Zimmer traf er aber nicht mich,
sondern meinen Stiefvater. Er hatte bereits auf ihn gewartet. „Es
war Notwehr“, erzählte er den Polizisten. Nach meiner Aussage
glaubten sie ihm. Zwei Wochen später bemerkte ich, dass ich
schwanger war. Zwillinge. Ein Junge und ein Mädchen. Michaels
Kinder, aber Sam liebte sie wie seine eigenen. Ich war fast 18. Bei
der Geburt würde ich seit drei Monaten volljährig sein. Ich erbte
das Haus, den Garten, das Geld. Glücklicher machte es mich nicht.
Ich weigerte mich dort länger zu leben und verkaufte es zu einem
guten Haus. Das neue würde nur mir und meiner Familie gehören. Sam
rettete mein Leben und brachte mir bei zu vertrauen. Er zeigte mir
eine Art von Liebe, die ich bis jetzt nicht gekannt hatte. Ich liebe
ihn.
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